Vater und Sohn

Familienaufstellung mit Kindern

Viele Klienten kommen nicht nur mit ihren eigenen Themen zu mir, sondern auch mit konkreten Lebensthemen ihrer Kinder. Häufig genannt werden psychische Probleme der Kinder oder Verhaltensauffälligkeiten. Nicht selten sind Eltern, Erzieher oder Lehrer völlig ratlos und am Rand der Verzweiflung. Und alle fragen sich: Woran liegt das bloß?

Familienaufstellungen sind ein Lösungsansatz, um auf tieferliegende Probleme bei Kindern eine Antwort zu bekommen. In vielen Aufstellungen, die ich bisher leiten durfte, haben wir gute Lösungen für Kinder und für Eltern gefunden. In diesem Artikel erfährst du, in welchen Fällen eine Aufstellung für Kinder hilfreich ist, wie sie abläuft und welche Verbesserungen erzielt werden können.

Andreas stellt für seinen Sohn Chris auf, 14 Jahre, verhaltensauffällig, antriebslos

Als Andreas mich im Juli 2020 kontaktiert, ist er um seinen 14-jährigen Sohn Chris sehr besorgt. Er erzählt mir von Verhaltensauffälligkeiten seines 3. Kindes und dass Chris derzeit bereits zum zweiten Mal in einer psychosomatischen Klinik untergebracht sei. Andreas berichtet mir, dass Chris psychische Probleme habe und starke Tendenzen, sich selbst zu verletzen. Er könne sich zu nichts aufraffen und sei völlig interessen- und antriebslos. Nach dem ersten Klinikaufenthalt gab es eine längere gute Phase für Chris und für die ganze Familie. Im Moment aber sei es wieder sehr schwierig. Andreas leidet sehr unter der Situation und möchte Chris unbedingt helfen. Mit einer Familienaufstellung für Chris möchte er mehr Klarheit für sich, seinen Sohn und für die anderen Familienmitglieder  bekommen.

Schmerzen, Hautkrankheiten, ADHS – Wann kann eine Familienaufstellung den Kindern helfen?

Wenn Kinder krank oder verhaltensauffällig werden, stecken oft gravierende familiäre Verstrickungen dahinter. Meistens haben alle Familienmitglieder einen wirklichen Leidensdruck.

Die Klienten, die zu mir kommen, haben in der Regel eine ärztliche Diagnose für ihre Kinder erhalten und schon eine Vielzahl von Therapien und Behandlungsansätze ausprobiert. Wenn sich aber nichts oder nur sehr wenig ändert, oder wenn, wie bei Chris, nach einer Phase der Besserung die Symptome wieder auftreten, sind die Betroffenen verzweifelt und suchen nach weiteren Möglichkeiten, die Situation der Kinder zu lösen.

Behandlungen und Therapien bei Kindern wirken nicht

Eltern, die eine Aufstellung für ihre Kinder machen wollen, haben meist einen langen Leidensweg hinter sich. Das Auf und Ab von Hoffnung und Enttäuschung und die gleichzeitige Ohnmacht, dem Kind nicht wirklich helfen zu können, belastet viele Familien über Jahre. Während die Systemische Aufstellungsarbeit von mancher Stelle mit Skepsis betrachtet wird, wird sie in der Kinder- und Familienhilfe vermehrt als zusätzliche Behandlungsmethode nach ärtztlicher Diagnose in Therapiekonzepten angewendet.

Eine Familienaufstellung kann keineswegs die Behandlung durch einen Arzt oder Therapeuten ersetzen. Sie kann aber ergänzend in der therapeutischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen angewendet werden bei:

  • Diagnosen, wie AD(H)S, Hyperaktivität, Aggressivität, Ruhelosigkeit u. ä.
  • Ängste: wie Prüfungsangst
  • Schlafstörungen und andere seelische Störungen
  • Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten bis hin zur Lernverweigerung
  • Hautkrankheiten, wie Ekzeme,
  • Kopfschmerzen, Migräne, andere Schmerzen
  • Mobbing
  • Antriebslosigkeit

Manche Verhaltensauffälligkeiten, wie das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom AD(H)S treten oft zu Schulbeginn auf, wenn die Erwartungen an das Kind steigen und wenn gewisse „Eigenheiten des Kindes“ von der Schule nicht (mehr) toleriert werden. Andere Projekte tauchen aber erst im späteren Lebensalter der Kinder auf.

Eine Familienaufstellung kann beleuchten, was hinter den jeweiligen Themen liegt. Warum Kinder Trauer, Hilflosigkeit oder Angst verspüren, die sich in Krankheiten oder Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Sie bringt Harmonie in die Familie, die für Kinder und Eltern gleichermaßen heilsam wirkt.

Wie läuft eine Familienaufstellung mit Kindern ab?

In meiner Arbeit bevorzuge ich anstelle der Familienaufstellung mit Kindern, eine elterliche Familienaufstellung für Kinder.

Meine Erfahrung zeigt, dass es in den allermeisten Fällen nicht erforderlich ist, dass die betroffenen Kinder bei der Familienaufstellung anwesend sind. Im Gegenteil, es ist manchmal sogar sehr hilfreich, dass die Eltern stellvertretend die Verstrickungen ihrer Kinder lösen. Aus meiner Arbeit weiß ich, dass die Familienaufstellung ohne Beteiligung der Kinder wirkungsvolle, positive Effekte hat. Auch eine Online-Aufstellung von einem Elternteil bringt i. d. R. merkliche Änderungen für die Kinder und die gesamte betroffene Familie.

Idealerweise führen beide Elternteile die Familienaufstellung für ihr Kind getrennt voneinander. Doch auch die alleinige Aufstellung des Vaters oder der Mutter ist hilfreich. Zuweilen ist auch ein Elternteil „mehr“ betroffen als der andere, oder der zweite Elternteil ist für eine Aufstellung nicht bereit oder „nicht greifbar“.

Für die Familienaufstellungen positionieren die Eltern sich selbst, das betroffene Kind und seine Geschwister und gegebenenfalls die Großeltern und das Thema intuitiv im Raum. Das kann in einer Gruppe stattfinden oder im Einzelsetting. In diesem Fall legen die Eltern in Form von Bodenankern die einzelnen Familienmitglieder aus. Ein Bodenanker kann ein Stuhl, ein Kissen oder ein Blattpapier sein, auf dem der jeweilige Name steht. Dann spüre ich oder die Aufstellenden in die jeweiligen Positionen hinein.

Bei einer Online-Aufstellung bin ich die alleinige, die sich in die einzelnen Positionen hineinbegibt, um dann die Gefühlslagen der Familienmitglieder auszudrücken.

Verstrickungen bei Kindern können massiv sein, denn sie vereinen beide Systeme der Eltern

Kinder vereinen beide Systeme der Eltern. Sie tun alles, um das Familiensystem, in dem sie leben, in irgendeiner Art und Weise zu stabilisieren. In der Regel ist das ein schier unmögliches Unterfangen.

Wenn Kinder verhaltensauffällig oder krank werden, liegen die Probleme meist ganz woanders: In den Familiensystemen der Eltern. Das kann die Paarbeziehung der Eltern sein, unbearbeitete Lebensthemen früherer Generationen, nicht bearbeitete Beziehungen früherer Partner oder traumatische Erlebnisse der Vorfahren.

Das Kind wächst auf diesem zur Verfügung gestellten Nährboden auf. Es handelt aus den familiären Verstrickungen heraus, wenngleich es in diesen Verstrickungen gefangen ist. Je nach Grad der Verstrickung schafft es das Kind nicht, in „seine eigene Kraft“ zu kommen. Denn es fehlt an Lebensenergie, die an anderer Stelle des Familiensystems gebunden ist. Diese Lebensenergie steht dem Kind nicht zur Verfügung. In der Folge kann das zu extremen Auffälligkeiten und Krankheiten führen. Symptome treten mehr oder weniger stark bei den Kindern auf und können sich in allen Lebensbereichen wie Kindergarten, Schule bei Freunden oder zu Hause zeigen.

Eine Großmutter, die mit ihrer Rolle nicht einverstanden ist

Während der Aufstellung von Andreas zeigt sich, dass Chris mit seiner Großmutter – also mit der Mutter von Andreas – in extremer Weise verstrickt ist. Andreas verlor in jungen Jahren seinen Vater. Seine Mutter tat alles für ihren damals 1-jährigen Sohn und ermöglichte ihm einen guten Start ins Leben. Andreas beschreibt seine Mutter als zielstrebig, ehrgeizig, eben eine Frau, die im Leben steht und alles erreicht, was sie sich vornimmt.

Als Andreas nun seine eigene Familie hat, scheint es Andreas Mutter vor eine besondere Herausforderung zu stellen. Sie wünscht sich eine besondere Stellung in Andreas Familie und möchte, dass sich ihr Sohn mehr um sie kümmere, mehr Zeit mit ihr verbringt. Er aber positionierte sich ganz klar und „steht“ zu seiner jetzigen Familie, zu Ehefrau und Kindern. Sehr deutlich macht er seiner Mutter verständlich, dass sein Platz an der Seite seiner Frau und bei seinen Kindern ist. Sie ist die Großmutter und solle eben diese Rolle einnehmen.

Eine Familienaufstellung mit Kindern zeigt die ungelösten Themen der Familie

Eine Familienaufstellung mit Kindern zeigt, welche Ereignisse und welche Beziehungen das Kind „unfrei“ halten oder es an seiner Entwicklung hindern. Genau diese Einflüsse können gesehen, geklärt, gewürdigt und losgelassen werden. Es liegt in der Verantwortung der Eltern das Familiensystem zu ordnen, damit sich das Kind frei entfalten kann. Somit können Eltern ohne Mitwirken der Kinder etwas für ihre Kinder tun. Denn wir dürfen uns an dieser Stelle klarmachen: Kinder versuchen auf das aufmerksam zu machen, was bei den Eltern oder den Vorfahren unerledigt ist. Es sind genau diese Dynamiken, die das Kind spürt und in Form von Auffälligkeiten nach außen trägt. Es sind die nicht bearbeiteten Lebensthemen anderer Familienmitglieder. Die ungelösten Situationen aus den elterlichen Systemen schlummern im Verborgenen und werden von nachfolgenden Generationen – und das sind die Kinder – aufgegriffen und ausagiert.

Doch die Rolle als Großmutter reichte Andreas Mutter nicht. Im weiteren Verlauf der Aufstellung zeigte sich, dass sie das, was sie von ihrem Sohn nicht bekam, bei ihrem Enkel einforderte. In der Aufstellung stand Andreas Sohn neben seiner Großmutter, wo er definitiv nicht hingehört. Die Energie, auf dem Platz der Großmutter sprach ihre eigene Sprache: Nach all dem, was ich für meinen Sohn getan habe, habe sie ein Recht darauf, dass der Enkelsohn bei ihr ist.

Kinder wollen in Familien das Gleichgewicht herstellen

In einer Familienaufstellung mit Kindern können Eltern also erleben, was ihre Kinder belastet. Denn Kinder werden Symptomträger von nicht bearbeiteten Lebensthemen ihrer Eltern oder sogar ihrer Ahnen. Das Leben der Kinder ist von Verpflichtungen und Schuldgefühlen beeinflusst und geprägt. Sie verhalten sich loyal und bleiben ihnen treu. Koste es, was es wolle. Auf verschlüsselte Art erinnern Kinder an das Schmerzliche, das im Familiensystem herumschwirrt. Ihr Verhalten geschieht aus Liebe zu den Eltern. Kinder wollen das Gleichgewicht im Familiensystem herstellen. Wir können das Familiensystem als ein Mobilee verstehen: Ein schmerzliches Ereignis auf einer Seite führt zu einem Ungleichgewicht auf einer anderen Seite. Wenn Eltern erkennen, dass Kinder aus Liebe heraus versuchen, das familiäre Vakuum zu füllen, dann können sie helfen, ihre Kinder aus ungesunden Familiendynamiken zu befreien. Die Kinder brauchen dann nicht mehr versuchen das in Schieflage geratene Mobilee geradezurücken.

Kraft aus der männlichen Linie

Als nächsten Schritt in der Familienaufstellung nehmen wir Andreas Vater hinzu. Es wird sofort ersichtlich, wie viel Unausgesprochenes zwischen Andreas Eltern liegt. Unter anderem, dass sein Vater überhaupt keinen Platz und keinen Raum an der Seite seiner Frau hatte. Diese nicht geklärte Beziehung übertrug sich auf den Enkel. Zudem ist Chris aus Liebe zu seinem Vater, dem Wunsch der Großmutter nachgekommen: Ich bringe gerne das Opfer für dich, wenn du das nicht machen möchtest, übernehme ich es.

In der Folge war Chris negativ an der Seite seiner Großmutter gebunden. Es fehlte ihm an Kraft und Lebensenergie. Er war antriebslos und konnte sich zu nichts aufraffen. Zudem nahm er nichts in seinem Umfeld wahr.

Ziel einer Familienaufstellung: Mehr Harmonie und Lösungen für die Situation des Kindes

Ziel einer jeden Familienaufstellung mit Kindern ist, zu klären, wo das Kind nicht gesehenes Leid aus der Herkunftsfamilie übernommen hat. In welchem Kontext sind Familiengeheimnisse entstanden? Wer hatte ein besonders schweres Schicksal? Wo ist eine Schuld oder ein Verlust entstanden? Welche lähmenden Lebensmuster oder seelische Abgründe gibt es? An welcher Stelle ist ein Familienmitglied ungesund gebunden. Es geht darum, die im System negativ gebundene Energie zum Fließen zu bringen, Starre oder Stagnation zu überwinden. In einer Aufstellung kommt genau diese Wahrheit ans Tageslicht. In dem Moment, wo in einer Aufstellung eine tiefe Wahrheit ausgesprochen wird, kommt die Liebe langsam wieder in den Fluss.

Wir stellen die komplette männliche Linie, alle männlichen Familienmitglieder, hintereinander auf: Chris – Chris Vater – Chris Großvater – Chris Ur-Großvater. Dann passierte etwas sehr Schönes. Die männliche Linie verbindet sich untereinander und die Lebensenergie kann von einem zu nächsten übergehen. Chris konnte nun zum ersten Mal aufatmen. Er konnte sich umschauen und es hatte den Anschein, dass er sein Umfeld erstmalig bewusst wahrnehmen konnte.

Wie im Fall von Andreas für seinen Sohn, enden die meisten Familienaufstellungen mit einer sehr versöhnlichen Energie. In manchen Fällen erscheint das Ende sehr „unspektakulär“, doch die Wirkung der Familienaufstellung wird sich in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten entfachen. So wie bei Chris.

Wenn du dich persönlich über die Aufstellungsarbeit informieren möchtest, kannst du hier ein kostenfreies Vorgespräch mit mir vereinbaren.